KÖHLEREI

 

 

Die Köhlerei gilt als das älteste Handwerk der Menschheit und wird seit vielen tausend Jahren praktiziert. Es ist anzunehmen, daß die Menschen das Verfahren, Holzkohle aus Holz herzustellen, schon so lange kennen, wie sie Metalle gewinnen und verarbeiten (z.B. Kupfererzverhüttung im Vorderen Orient ab ca. dem 5.Jahrtausend v.Chr.). Schon der Grieche Theophrast (ca. 3.Jahrhundert. v.Chr.) und der Römer Plinius der Ältere (ca. 1.Jahrhundert n.Chr.) beschreibend eingehend die Kunst des Köhlerns, der Herstellung von Kohle im Meilerbrand.

Dabei wird Holz allmählich in Holzkohle umgewandelt, die zu unterschiedlichsten Zwecken genutzt wird. Holzkohle diente den Menschen zunächst als Brennmaterial von Öfen, insbesondere solchen zur Metallgewinnung. Später erlangte sie große Bedeutung bei der Herstellung von Schießpulver, weitere Verwendungszwecke waren das Färben von Stoffen, Auflockerung von Böden, zu medizinischen Zwecken und vielem anderen mehr.

Spätestens mit Beginn der Eisenzeit (ca. 800 v.Chr.) breitete sich in Europa die Holzkohlenbereitung aus, da zur Gewinnung des elementaren, schmiedbaren Eisens aus dem in der Natur vorkommenden Eisenerz in der Rennfeuerverhüttung Temperaturen bis über 1000°C erforderlich sind. Bei der Verbrennung von Holzkohle werden wegen des höheren Brennwertes viel höhere Temperaturen erreicht als bei der Holzverbrennung.

Im frühen Mittelalter (ca. 800 n.Chr.) begann unter anderem im Sieger- und Sauerland wegem gesteigertem Bedarf an Eisen verstärkt die Rennfeuerverhüttung. Hierfür wurden große Mengen an Holzkohle benötigt. Die Eisengewinnung war hier sehr günstig, da große Waldflächen für Kohle, Erzlagerstätten und das notwendige Wasser nahe beieinander lagen. Bis zur Verwendung von Steinkohle (Mitte des 19. Jahrhunderts) war Holzkohle die notwendige Grundlage der Eisenindustrie.

Das Verfahren des Köhlerns beruht darauf, das Holz unter sehr geringer Luftzufuhr solange zu verkohlen (nicht zu verbrennen), bis sich die Zellulose des Holzes zu fast reinem Kohlenstoff zersetzt hat., wobei unter anderem verschiedene organische Verbindungen wie Teer und Wasser entweichen. Die sich gebildete Holzkohle (ca. 80-90% Kohlenstoff) brennt heißer als Holz und ohne Rauchentwicklung. Die Holzzersetzung beginnt bereits bei 100°C und verläuft am günstigsten, wenn bei der Endtemperatur 400°C nicht überschritten werden. Bei höheren Temperaturen und größerer Luftzufuhr würde das Holz verbrennen und nicht verkohlen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten von Meilerbränden, je nachdem ob die Holzscheite gelegt oder gestellt werden, ob ebenerdig oder in Kuhlen geköhlert wird. Allen gemeinsam ist, daß das zu verkohlende Holz gut luftdicht mit Grassoden, Laub, Farn und Erde abgedeckt werden muß. Nur durch gezielt eingestochene Löcher wird für die zur Verkohlung notwendige Luftzufuhr gesorgt.

Beim stehenden Meiler werden die Holzscheite um einen röhrenförmigen Luftschacht dicht angeordnet. In diesen Schacht wird beim Anzünden brennendes Material eingefüllt. Nach dem Anbrennen des Meilers wird auch dieser Schacht luftdicht verschlossen. Das Feuer entwickelt sich im Luftschacht , dehnt sich zunächst im oberen Teil nach allen Seiten aus und senkt sich im Laufe des Prozesses trichterförmig nach unten fort. Das durch die Verkohlung geschrumpfte Holz bildet Hohlräume, die durch Festklopfen beseitigt werden müssen. Dadurch wird der Meiler im Laufe der Zeit kleiner. Aus diesem Grunde ist es notwendig, das der Meiler rund um die Uhr beaufsichtigt werden muß.

Durchgedrungenes Feuer am Boden zeigt an, daß der Meiler durchgekohlt ist und mit dem Abkühlen begonnen werden kann. Zu diesem Zweck werden alle Luftlöcher geschlossen. Anschließend kann durch partielles Öffnen des Meilers die Holzkohle entnommen werden. Meilerbrände können je nach Größe der Meiler zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen dauern. Buchenholz ergibt von allen hiesigen Holzarten qualitativ die beste Holzkohle.

 

Licht und Schatten des Köhlerhandwerks: Die Köhlerei und die von ihr hergestellte Holzkohle waren Wegbereiter der menschlichen Zivilisation und Entwicklung seit der ausgehenden Steinzeit, bis in die Gegenwart. Ohne die Herstellung von Holzkohle wäre es nicht gelungen Metalle zu gewinnen, zu Schmieden und die wichtigsten Gegenstände der frühen Zivilisationen herzustellen. Metallwerkzeuge hätte es ebensowenig gegeben wie Fibeln, Schnallen, Blechinstrumente, Radbeschläge, Hufeisen und natürlich Waffen.

Letzterer Punkt weist schon auf die Zwiespältigkeit hin, die es mit dem Köhlerhandwerk aufsich hat. Ohne Waffen aus Metall würden Kriege wohl immer noch mit Waffen aus Holz und Stein ausgefochten und die Kriegsgeschichte hätte sich vielleicht weniger blutig entwickelt. Aus einem andern Blickwinkel gesehen verdanken wir der Köhlerei aber auch sämtliche Annehmlichkeiten der Zivilisation, denen sie den Weg bereitet hat.

Der Preis dafür ist bis heute ein sehr hoher, denn die einstmals riesigen Urwälder Europas sind hauptsächlich den Köhlern zum Opfer gefallen, die das Holz zum Befeuern ihrer Meiler benötigten. Laut den Köhlern, denen sich diese Dokumentation widmet, wäre ein 90 Hektar großer Wald, wie das Osnabrücker Heger Holz, in den Hochzeiten der Köhlerei nach nur 3 Jahren verbraucht gewesen. Eine direkte Veranwortung für die Abholzung und Verfeuerung der europäischen Urwälder sehen die Köhler damals wie heute nicht, da sie für ihr eigenes Auskommen und im Auftrag der Herrschenden gearbeitet haben und der Zivilisaton den Weg bereitet haben.

Das Köhlerhandwerk ist dennoch eine faszinierende Angelegenheit und verbreitet eine urige, beinnahe mystische Athmosphäre, weshalb Köhler in früheren Zeiten kritisch beäugt und häufig sogar gemieden wurden. Der Köhler wohnte meist tief in den Wäldern, wo man sich nicht ohne triftigen Grund hinein traute. Zudem verstanden es die Köhler, auf für mittelalterlichen Menschen unverständliche und unheimliche Weise, Holz zu verbrennen und daraus Brennmaterial herzustellen. Das tägliche Geschäft der rußgeschwärzten Köhler mit dem Feuer weckte stets Erinnerungen an die Geschichten vom gefürchteten Teufel und seinem Fegefeuer. 

Die Köhler waren Menschen, die den Wald und seine tierischen und pflanzlichen Bewohner besser kannten, als alle anderen, eben weil sie mitten in der Wildnis lebten und sich zumeist aus dieser selbst versorgen mußten. Das Leben der Köhler war naturnah, aber durch das gefährliche Handwerk und die Abgeschiedenheit knochenhart.

 

Zur Bilderserie: Die folgende Fotos sind beim Köhlerfest im Osnabrücker Heger Holz, im August 2010 entstanden. Die Fotos konzentrieren sich nur auf das Köhlerhandwerk, nicht auf die Rahmenveranstaltungen des Köhlerfestes mit Musikbühnen, Bierbuden und christlichem Gottesdienst. Es ist mein Anliegen in der Bilderserie das Wesen und den Charakter des historischen Köhlerhandwerks so authentisch wie möglich einzufangen. Das Rahmenprogramm des Köhlerfestes und das moderne Drumherum spielen dabei keine Rolle und wurden bewußt ausgelassen.

Wie es zu dieser Dokumentation kam: Etwa 2006 erzählte mir ein Kollege, daß es noch vor 4 bis 5 Jahren einen aktiven Köhler in unserem nächstgelegenen Wald, dem Heger Holz gegeben hätte. Obwohl ich schon seit 1995 in Osnabrück ansässig bin, hatte ich davon nie gehört und mich gewundert, das ich von diesem Köhler nichts mitbekommen hatte. Sogleich machte ich mich im Heger Holz auf die Suche nach dem früheren Köhlerplatz und möglichen Spuren, fand aber nichts dergleichen. Auch eine intensive Suche im Internet brachte keine Ergebnisse, ebensowenig wie ein genauer Blick auf Straßen- und Wegenamen. Daraufhin tat ich die Sache als Gerücht ab, zumal die Zeit der Köhlerei zu Beginn des 21. Jahrhunderts, bis auf ganz wenige Ausnahmen, schon lange vorbei war.

Im Sommer 2009 erreichte mich das Thema Köhlerei erneut, als das Eisenzeithaus in Darpvenne ein Köhlerfest auf seinem Gelände ankündigte und ich kam schnell auf die Idee, die Köhlerarbeiten vom Aufbau des Meilers bis zur Entnahme der Kohle Tag für Tag zu dokumentieren. Leider ermöglichten fehlende Zeit und die unmotorisiert recht große Entfernung dann doch nur einen Besuch des letzten Tages des Köhlerfestes. Der ausgebrannte Meiler auf der Weise war zudem so unscheinbar, das er mir nur ein Foto für das Archiv wert war. Hoffnung auf ein weiteres Köhlerfest in der Nähe machte ich mir kaum und legte die Idee etwas frustriert zu den Akten.

Im Juli 2010 stolperte mein Blick in einem Osnabrücker Bus über ein Plakat, das ein Köhlerfest im Heger Holz ankündigte. Das war meine Chance und ich merkte mir den Termin und nahm mir vor, eine detaillierte Dokumentation für diese Netzseite zu erstellen, komme was wolle. Trotz einer mittelschweren Sommergrippe bin ich mit den Kindern fast jeden Tag ins Heger Holz gegangen und habe fleißig Fotos gemacht und einige Gespräche mit den Köhlern geführt. Dabei stellte sich heraus, das es im Jahre 2002 an beinnahe gleicher Stelle schon einmal ein Köhlerfest gegeben hat, was den Hinweis des Kollegen mit dem Köhler im Heger Holz erklärt.

10.08.2010: Das Holz für den Köhler stammt vom Baumschlag, den der Orkan Kyrill im Januar 2007 angerichtet hat. Hier entnimmt der Köhler Holz vom Stapel und bereitet es mit Säge und Axt für den Meiler vor.

 

10.08.2010: Die Holzscheite werden fachmännisch, um einen Schlot in der Mitte herum aufgestapelt.

 

10.08.2010: Das korrekte Aufstellen der Holzscheite in dieser frühen Phase des Meilerbaus ist entscheidend für das Gelingen des späteren Meilerbrands.

 

11.08.2010: Einen Tag später sind beinnahe alle Holzscheite aufgestellt und nehmen die ganze Breite der darunterliegenden Holzpalletten ein. Das Gras zum Abdecken der Holzmengen liegt schon bereit.

 

11.08.2010: Die Köhler nehmen letzte Korrekturen vor und decken den unvollendeten Meiler vorrübergehend mit einer Plane gegen den einsetzenden Regen ab.

 

11.08.2010: Im Hintergrund liegen weitere Paletten bereit, aus denen die Herren Köhler sich eine Hütte zum Übernachten am Meiler bauen.

 

12.08.2010: Wieder einen Tag später erkennt man gerade noch die Grasschicht, die direkt auf dem Holz liegt und hier bereits mit der äußeren Erdschicht abgedeckt wird.

 

12.08.2010: Beide Schichten dienen dazu, den Meiler zu isolieren und die Hitze während des mehrere Tage andauernden Meilerbrands im Inneren konstant zu halten.

 

12.08.2010: Hinter dem Meiler wird die Hütte für die Köhler vollendet.

 

13.08.2010: Am Vormittag des vierten Tages ist der Meiler fertig und die Köhler haben noch ein paar Tische und Bänke für die kommenden Veranstaltungen errichtet.

 

13.08.2010: Direkt über dem senkrechten Schlot, der ins Innere des Meilers führt, wurden weitere Holzscheite aufgestapelt, an denen der Meiler entzündet wird.

 

13.08.2010: An diesem Modell kann man sowohl den äußeren, ...

 

13.08.2010: ... als auch den Inneren Aufbau des Meilers gut erkennen.


13.08.2010: Der fertige Meiler in seiner ganzen Pracht kurz vor dem Entzünden.

 

13.08.2010: Vor der Hütte sind gut zwei typische Werkzeuge der Köhler zu erkennen. Zum einen der große Hammer, ein sogenannter "Traugott" und ein weiteres Werkzeug, mit dem die äußere Erdschicht des Meiler wieder angedrückt werden kann.

 

13.08.2010: Die Herren Köhler stellen sich den anwesenden Gästen vor.

 

13.08.2010: Bei der hier angewandten Art des Meilerbaus wird dieser von oben entzündet. Bei anderen Bauweisen ist auch ein Entzünden durch einen seitlichen Tunnel möglich.

 

13.08.2010: Der Köhler wartet nach dem Entzünden noch einen Moment oben auf dem Meiler ab, ob dieser wirklich gut Feuer gefangen hat, bevor er die Leiter wieder hinuntersteigt.

 

13.08.2010: "Gut Brand!", sagen die Köhler beim Entzünden eines Meilers.

 

13.08.2010: In früheren Jahrhunderten waren Kohlenmeiler keine Seltenheit, sondern brannten in vielen Wäldern zu Dutzenden.

 

15.08.2010: Am zweiten Tag nach dem Entzünden ist der Meiler schon merklich kleiner geworden. Durch Öffnungen oben am Meiler ziehen Rauch und überschüssige Hitze ab.

 

16.08.2010: Des Nachts entzünden die Köhler neben dem Meiler speziell zugesägte Baumstämme als Fackeln. In früheren Zeiten boten diese nicht nur Licht und Wärme, sondern hielten auch wilde Tiere wie Wölfe, Bären, Luxe und andere vom Köhlerplatz fern.

 

16.08.2010: Der Beruf des Köhlers ist nicht ganz ungefährlich. Kleinere Brandverletzungen gehören zum Alltag. Ebenso kam es gelegentlich vor, daß ein Meiler dem Gewicht des Köhlers bei Kontrollgängen nicht standhielt und dieser in den Meiler eingebrochen ist.

 

16.08.2010: Rund um die Öffnungen hat sich nach 3 Tagen sichtbar der gelbe Schwefel aus dem Kohlenrauch abgesetzt.

 

16.08.2010: Durch das Heger Holz weht seit Tagen der würzig, holzige Geruch des schwelenden Buchenholz.

 

18.08.2010: Am fünften Tag ist die Holzkohle überraschend schnell fertig geworden und die Köhler haben erste Stücke entnommen. Im Vordergrund ist wieder der sogenannte Traugott gut zu erkennen.

 

18.08.2010: Durch einen schmalen Spalt an der Meilerseite fällt der Blick in dessen Inneres, wo die Kohlenglut herrscht.

 

19.08.2010: Von den 30 Raummetern Buchenholz sind nach 6 Tagen Meilerbrand nur der deutlich geschrumpfte Meiler und etwa 3 Tonnen Holzkohle übrig geblieben.

 

20.08.2010: Auf diese Siebe wird die noch sehr heiße Holzkohle zum Abkühlen gelegt und um zu kleine Stückchen auszusortieren.

 

20.08.2010: Ein paar Kilo der naturreinen, hochwertigen Holzkohle werden hier präsentiert.

 

20.08.2010: Der Großteil der Holzkohle muß noch aus dem Meiler geholt und mithilfe der hier zu sehenden Gerätschaften verarbeitet und verpackt werden.

 

20.08.2010: Der Meiler ist geöffnet und aus der zusammengesackten Erdschicht ragt die fertige Holzkohle heraus.

 

20.08.2010: Ein detaillierter Blick auf die Meilerreste.

 

22.08.2010: Eines der Holzkohlesiebe, sowie diverse Werkzeuge des Köhlers aus der Nähe betrachtet.

 

22.08.2010: Die Arbeit der Köhler ist ein schmutziges und hartes Handwerk.

 

22.08.2010: Die Holzkohle ist abgekühlt und kann weiter verpackt werden.

 

22.08.2010: Die Säcke mit der fertig abgepackten Buchenholzkohle

 

22.08.2010: Die Reste des Kohlenmeilers am Tag der Abreise der Köhler.

 

27.08.2010: Einige Tage später hat der Regen die Erdanteile ausgewaschen und die Reste der Holzkohle liegen auf dem Waldboden. Unter den großen Holzkohlescheiten war tatsächlich noch etwas Wärme zu spüren.

 

 

 

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Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am: 28.12.2010