OPFERMOOR VOGTEI

 

 

Das Opfermoor Vogtei in Niederdorla: Beim Torfabbau wurde das Opfermoor in den 1950er Jahren entdeckt. Zwischen 1957 und 1964 erfolgten Forschungsgrabungen durch das Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar unter der Leitung von Prof. G.Behm-Blancke. Er konnte rund 80 Heiligtümer dokumentieren, die von der älteren Eisenzeit (7./6. Jh. v.Chr.) bis in das frühe Mittelalter datieren. Die jüngsten Keramikfunde belegen eine Nutzung des Platzes bis in das 10. Jahrhundert.

Dank der hervorragenden Erhaltungsbedingungen im Moor konnten neben Keramik und Knochen eine Vielzahl von Gegenständen aus Holz und anderen organischen Materialien geborgen werden. Ein Teil des Fundmaterials aus diesen Grabungen, Pläne und Rekonstruktionen sind im Museum des Opfermoors zu besichtigen. Weitere Funde zeigt das Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar.

An der Grabungsstelle befindet sich heute ein See. Direkt daneben sind auf dem Freigelände die unterschiedlichen Typen von Heiligtümern in Rekonstruktionen zu sehen. Auf dem benachbarten Areal wurden Häuser der römischen Kaiserzeit nachgebaut, die an den Mallinden unweit des Kultplatzes nachgewiesen werden konnten.

Der Rundgang beginnt am Museumsgebäude, das eine Ausstellung und die Kasse und einen kleinen Shop beinhaltet.

 

Vom Museumsgebäude zum Hauptteil des Opfermoor, der Freilichtausstellung, sind es etwa 500 Meter Fußweg. Dieser Weg führt außerdem zum Mittelpunkt Deutschlands.

 

Blick auf den Mittelpunkt Deutschlands mit der inzwischen recht stattlichen Kaiserlinde, die 1991 gepflanzt wurde.

 

Der Mittelpunktstein unter der Kaiserlinde.

 

Bereits aus einiger Entfernung kann man am Ufer des Moorsees ein Grubenhaus erkennen.

 

Direkt vor dem Eingang steht das wohl größte Holzidol, das ich bisher irgendwo gesehen habe.

 

Der Eingang des Opfermoors.

 

Blick vom Eingangsbereich über den See des Opfermoors.

 

 

 

 

 

 

 

 

Beschreibung der Gebäude: Alle rekonstruierten Gebäude wurden maßstabsgerecht nach dem Grabungsbefund der nahe liegenden Mahllindensiedlung errichtet. Der Siedlungskomplex wurde in den Jahren 1964 bis 1972 durch das Museum für Ur- und Frühgeschichte Weimar unter der Leitung von Professor Behm-Blancke ausgegraben. Die germansiche Niederlassung zeigt ein Siedlungskontinuum von der späten Latene- bis zur römischen Kaiserzeit auf. Weitere bedeutende Keramikfunde bezeugen eine Besiedlung vom 7. bis in das 11. Jahrhundert. Für die Rekonstruktion wurden repräsentative Gebäude aus der Zeit der germansichen Besiedlung ausgewählt.

Zu dem Siedlungskomplex gehören 1 Wohnstallhaus, 1 gestelzter Speicher und 3 Grubenhäuser. Der Gebäudekomplex wurde unter Anleitung des Zweckverbands Mittelpunkt Deutschlands rekonstruiert. Mit Hilfe von ABM-Kräften aus der unmittelbaren Region (Pro-Mo Bad Langensalza) ist es gelungen diesen germanischen Gebäudekomplex nahezu originalgetreu nachzubauen.

Arbeitsgäng wie Bäume fällen und zum Einbau vorbereiten, Pfosten aufstellen und befestigen, Weide ernten und zur Flechtwerkwand verflechten, Lehm aufbereiten und damit die Wände verputzen, Dachkonstruktion herstellen und Schilfrohr aufnähnen, gehörten zum Alltag der ABM-Kräfte.

 

 

1. Wohnstallhaus: Das Wohnstallhaus ist ein Langhaus in 2-schiffiger Ausführung mit mannshohem Drämpelrähm und einem Rofendach mit einer Neigung von 45°. 5 Mittelpfosten mit aufgelegter Firstpfette tragen das Dach. Die unteren Enden der Rofen liegen auf den Rähmhölzern, die von den Außenpfosten getragen werden. Die Außenwand besteht aus Staken, die mit Weidenruten umflochten wurden und auf der Innenseite an den Außenpfosten und Rähmhölzern befestigt wurden. Auf den Rofen wurden Dachlatten befestigt an denen das Schilfdach aufgenäht wurde.

Das Wurzelende des Schilfrohrs wurde dabei nach unten gelegt, so das in bestimmten Abständen eine Abstufung entstand, die mit einem nordischen Schaubendach große Ähnlichkeit hat. Die Blüte des Schilfrohrs ragt in das Innere des Gebäudes. Alle Holzverbindungen wurden mit selbstgefertigen Holznägeln befestigt und teilweise mit Hanfstrick gesichert.

Der Hausherr lebte hier mit seiner Familie und den Tieren unter einem Dach. Die Ausrichtung des Gebäudes erfolgte von Ost nach West. Im Ostteil wurde der Wohnteil eingerichtet, während auf der größeren Westseite Viehboxen zur Unterbringung der Tiere angelegt wurden. Der Gebäudeeingang befindet sich auf der südlichen Längsseite des Hauses.

 

 

 

 

 

2. Grubenhäuser: Eingetiefte und ebenerdige Häuser gehen zurück bis in die Jungsteinzeit. Vorher dienten Höhlen, Hütten und Zelte aus Tierhaut als Unterkunft. Grubenhäuser gab es mit 2 oder 6 Pfosten. Sie dienten bis ins Mittelalter als Wohnunterkünfte für das Gesinde, wurden aber auch vielfach als Arbeitshütten (Webhütten) genutzt.

Die beiden in das Erdreich eingelassenen Pfosten tragen die Firstpfette, die wiederrum die Rofen aufnimmt. Das untere Ende der Rofen wird auf den Erdboden aufgelegt. Durch das Ausheben der Grube entstanden die Seitenbänke, die mit Flechtwerk und Lehmverputz ausgekleidet wurden. Sie konnten zum Schlafen und Sitzen genutzt werden. Nach der Befestigung der Dachlatten auf den Rofen wurde auch hier das Schilfrohr aufgenäht. Ein kleiner angelegter Graben sorgt für den Abfluß des Regen- oder des Schmelzwassers an der Traufkante des Daches.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Speicher: Speicher dienten zur Aufbewahrung von Vorräten und persönlichem Gut der Menschen. Bis in das 2. Jh. gehörte zu jedem Gehöft ein Speicher. Im 5.Jh. gehörten schon mehrere Speicher  zu einem Gehöft. Durch die gestelzte Bauform hielt man das Ungeziefer von der oberirdischen Plattform fern. Diese Bauart ermöglichte des Weiteren eine ständige Belüftung der Vorräte. Die Außenwände bestanden aus Weidenflechtwerk und der Lagerboden aus Rundholzstangen. Das Satteldach wurde mit Schilfrohr oder Stroh eingedeckt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Heiligtümer:

Der Rundweg führt zu 11 rekonstruierten Opferplätzen aus 7 Opferperioden. Sie sind ausgestattet mit Altären, Kultstangen und Götterbildern. Ihre Einhegung besteht überwiegend aus Flechtwerkzäunen. Eine Ausnahme bildeten die Opferplätze der Hallstattzeit. Sie wurden mit Steinen eingehegt. Die Heiligtümer sind zeitlich chronologisch angelegt und beginnen mit dem Ältesten aus dem 6. Jh. v.Chr. und enden mit dem jüngsten aus dem 6. Jh.n.Chr.

 

1. Altaranlage der späten Hallstattzeit (600 v.Chr.): Ein rechteckiger, aus Muschelkalstein erbauter Feueraltar, der auf der einen Seite von einem halbrunden Stein-Erde-Wall umgeben war, stellt das religiöse Zentrum der Periode dar. Auf diesem Altar wurde in zahlreichen Gefäßen Speiseopfer dargebracht und heilige Mahlzeiten zubereitet.Verkohlte Knospen am Brennholz der Feuerstelle weisen die Festlichkeiten ins Frühjahr, offenbahr zu Ehren einer Vegetationsgottheit. Neben der Altaranlage hatte man ein umwalltes Ringheiligtum eingerichtet, in dessen Zentrum eine Steinstehle als Symbol und Sitz einer Gottheit aufgestellt war, die unter anderem Ziegenopfer erhielt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Heiligtum der mittleren bis späten Latenezeit (3. bis 1.Jhd. v. Chr.): In der mittleren bis späten Latenezeit bildete sich durch Auslaugungsprozesse ein kleiner See, der über Jahrhunderte zum sakralen Zentrum der Opfertätigkeit wurde. An dessen Ufer entstanden apsisförmige Anlagen, in denen sich aus Flechtwerk abgestützte Rasen- oder Plaggenaltäre erhoben, die von Stangenidolen flankiert wurden. Hervorzuheben sind die Funde von Kultstäben, die der Priester (Gode) bei der Ausübung seiner religiösen Riten verwendete.

 

 

 

 

 

3. Großes Rundheiligtum aus der frühen römischen Kaiserzeit ( 1.Jh. v.Chr.): Am Ende des 1.Jh.v.Chr. erschienen in der nordthüringischen Landschaft Hermunduren. Sie gründeten am Kultseeufer ein großes Rundheiligtum mit in sich geschlossenen, kleinen Gehegen, in denen Kultpfähle und ein Astgabelidol als Vertreter eines Pantheons aufgestellt wurden. Im Mittelpunkt dieser Anlage, die zwei Bauperioden erlebte, befand sich ein großer rechteckiger Rasenaltar mit Eckpfählen. In seiner Umgebung lagen zahlreiche Knochen von Tieropfern. An der Westgrenze des Heiligtums zeigten sich Schädelteile mehrerer Menschenopfer.

An der Nordseite dieses Heiligtums schlossen sich zwei besondere Opferstätten an. Dieser Bereich lieferte den einzigen Waffenfund der gesamten Untersuchung. Es handelt sich dabei um ein vollständiges eisernes Schwert, das noch aufrecht mit der Spitze im Boden steckend, angetroffen wurde. Es dürfte mit einiger Sicherheit die Kriegsgottheit symbolisieren. Die große Bedeutung des Heiligtums wird außerdem durch ein menschliches Schädelopfer unterstrichen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Heiligtum mit Feuerstelle und Mahlzeitresten (frühe römische Kaiserzeit, 1.Jh.v.Chr.): Diese Kultstätte stand vermutlich in engem Zusammenhang mit dem großen Rundheiligtum. Hier wurden Mahlzeiten in Kommunion mit der Gottheit eingenommen. Gefundene Opfergaben und Opferspeisen waren Ziege, Rind, Rothirsch, Hund und Pferd.

 

 

 

 

 

 

 

5. Rundheiligtum mit Brettidol und Votivschiff - mittlere römische Kaiserzeit (2.Jh.n.Chr.): In der mittleren römischen Kaiserzeit stand im Mittelpunkt die Verehrung verschiedener Idole und durch Attributobjekte gekennzeichnete Götter in Rundheiligtümern, zu denen auch diese sakrale Anlage gehört. Neben mehreren Kultpfählen und einem Brettidol befindet sich ein Votivschiff im Mittelpunkt der Einrichtung.

 

 

 

6. Großes Rundheiligtum mit Verehrungsstätten mehrerer Gottheiten, mittl.röm.Kaiserzeit (2.Jh.n.Chr.): Das ovale Rundheiligtum hatte an der Südseite eine Eingangszone mit zwei Torwangen. An den drei Altären wurden hier vermutlich eine männliche und zwei weibliche Gottheiten verehrt. Während die männliche Gottheit mit einem Stierschädel bedacht wurde, erhielten die weiblichen einen Schädel und Knochen von Kühen. Vor der langen Kultstange wurden Reste eines Menschenopfers gefunden.

 

 

 

7. Heiligtum der späten römischen Kaisserzeit (2. Hälfte des 3. Jh.n.Chr.): Die Konzentration von Opferstätten wurde im 3.Jahrhundert von einem isolierten Heiligtum abgelöst, in dessen Altarbereich das Kantholzidol einer Göttin gefunden wurde. Die Anlage erinnert in ihrer Form an "Umgangstempel" aus dem gallorömischen Gebiet. Die Einflüsse aus diesem Bereich werden auch durch die Gestaltung des Kantholzidols gestützt, da ähnliche Symbole aus Gallien bekannt sind. Neben Haus- und Wildtieropfern wurde in diesem Heiligtum in einem Sarg das Skelett eines Mädchens gefunden, das offenbahr die Priesterin der Göttin war. Dieses heilige Grab, das im 4.Jh. völlig zerstört wurde, kennzeichnet die hohe Bedeutung der Kultstätte. Die Vernichtung der heiligen Stätte könnte mit politischen und religiösen Unruhen in Verbindung stehen.

 

 

 

 

 

 

 

8. Schiffsheiligtum der Völkerwanderungszeit (5.Jh.n.Chr.): Die Kultstätte des 5.Jh. von Oberdorla wurde durch zwei Schiffsheiligtümer geprägt. Zur großen, aus Ruten gebildeten Anlage mit eingrabenen Steuerruder gehörte eine männliche Gottheit, die durch ein hohes Pfahlidol mit Hengsthaupt wiedergegeben wurde. Ein kleines Schiff mit einem Rinderopfer - es fuhr in Richtung Sonnenaufgang - stellt das Emblem der Göttin dar. Es bedarf weiterer Klärung, ob diese Kultschiffe mit dem Erscheinen der Angelsachsen in Thüringen zu tun haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9.Großer Opferplatz der späten Völkerwanderungszeit (6. Jh.n.Chr.): In der späten Völkerwanderungszeit war das Heiligtum von Oberdorla ein großer Opferplatz, dessen feste Einzäunung durch Brand zerstört wurde. Im Inneren der Anlage fanden sich Opferobjekte, aber kein Idol. Gefäße des 10. und 11. Jh. und Hundeknochen aus den Torfschichten über dem ehemaligen Kultsee weisen darauf hin, dass auch nach der Christianisierung noch immer an der traditionellen Stätte heidnische Bräuche ausgeübt wurden.

 

 

 

Weitere Impressionen aus dem Opfermoor: