KINDSWEIHE

 

 

Bedeutung: Die Kindsweihe ist ín der Alten Sitte in etwa die Entsprechung zur christlichen Taufe. Der wesentliche Unterschied zu dieser besteht jedoch darin, daß das Kind nicht an eine bestimmte Ausrichtung und Vereinigung des Glaubens gebunden wird. Selbst an den Glauben ansich wird das Kind durch die Kindsweihe nicht fest gebunden, sondern bis zu seiner eigenen Religionsmündigkeit lediglich unter den Schutz der germanischen Götter gestellt. Die Bedeutung der Kindsweihe liegt dann zunächst auch in ganz irdischen und wenig spirituellen Dingen, nämlich der festen und endgültigen Aufnahme in seine Sippe und dem offiziellen Erhalt seines Namens.

Im spirituellen Sinne haben bei der Kindsweihe neben den Göttern insbesondere die drei Nornen am Urdbrunnen eine hervorgehobene Bedeutung, da sie die Fäden des Schicksals für Menschen und Götter verweben und so das Schicksal des Kindes im Laufe seines Lebens bestimmen. Damit die Nornen dem jungen Menschen ein positives Schicksal zu Teil werden lassen, wird ihnen während der Kindsweihe geopfert. Die Kindsweihe hat daher eine nicht ganz unbedeutende Funktion, um dem eigenen Kind eine gute Zukunft und ein gutes Leben zu ermöglichen. Ein liebevoll gestaltetes und ausgeführtes Ritual in der Natur an einem heiligen Ort sollte daher selbstverständlich sein.

Man mag einwenden, das ein Kind noch nicht in der Lage ist, seinen eigenen Glauben zu finden und eine Kindsweihe somit eine spätere Entscheidung des Kindes vorwegnimmt. Dies sehe ich nicht so, denn eine Kindsweihe bindet den jungen Menschen keineswegs auf ewig an die Götter, an die die Eltern glauben. Das Kind wird lediglich unter den Schutz der elterlichen Götter gestellt, bis es eventuell später für sich eine andere Entscheidung trifft. Das unter den Schutz der elternlichen Götter stellen kann also als eine spirituelle Erweiterung und Verlängerung der elterlichen Sorgepflicht gesehen werden.

 

Zeitpunkt: In der traditionellen Fassung findet die Kindsweihe genau 9 Tage nach der Geburt statt. Diesen Zeitpunkt halte ich aber für heutige Gegebenheiten als sehr früh gewählt, da die Mutter so kurz nach der Geburt nur in Ausnahmefällen so fit sein wird, um  sich mit Vater, Kind und Sippe an einen Ritualplatz in den Wald zu begeben. Abgesehen von diesem Aspekt hat man 9 Tage nach der Geburt heutzutage noch genug mit Behördenkram und anderen organisatorischen Dingen zu kämpfen, als das man noch ein aufwändiges Ritual vorbereiten und durchführen mag, oder kann. Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, es ist besser die Kindsweihe einige Wochen oder Monate nach der Geburt durchzuführen.

 

 

Ritualablauf:

 

Skizze:

1. Kreisgang

2. Schmücken der heiligen Mitte

3. Anrufen der Elemente

4. Einladung der Mächte/Rufen der 12 Häuser der Götter

5. Feuerentzünden

6. Ansprache

7. Opferweihe

8. Anrufung der Nornen/Opferung

9. Wasserweihe/Namensgebung

10. Singen der Namensrune

11. Benennung der Paten

12. Vergraben der Nachgeburt-Baumpflanzen

13. Ausklang

 

 

Detaillierter Ritualablauf:

 

1. Kreisgang: Die Gesellschaft wird im Lauf der Sonne vom Goden durch die Trojaburg auf den Ritualplatz geführt. Der Kreisgang dient der Besinnung auf das folgende Ritual und wird daher still und schweigend durchgeführt. Der spiralförmige Gang stellt nicht nur den Weg durch den Jahreskreis und das Leben dar, sondern ist eine Art Meditation und spirituelle Besinnung. Dies kann dadurch unterstützt werden, das der vorweggehende Gode eine entzündete Räucherschale trägt.

 

2. Schmücken der heiligen Mitte: Nach Ankunft auf dem eigentlichen Ritualplatz packen die Festteilnehmer ihre mitgebrachten Opfergaben aus und legen sie in das Steinbeet um die große Kiefer in der Mitte des Platzes. Die Opfergaben werden optisch ansprechend um den Baum verteilt. Geeignet sind möglichst natürliche und dem Anlaß des Festes entsprechende Dinge wie Obst, Gemüse, Fichtenzapfen, Gebildebrote, etc.

 

-dreifaches Hornsignal-

 

3. Anrufen der Elemente:

1. Norden: Heil Nordri, Wächter des Nordens! Heil, Kräfte der Erde, die sich jährlich erneuern und neues Leben gebären. Wir rufen Euch und laden euch ein zu unserem Fest!

2. Osten: Heil Austri, Wächter des Ostens! Heil, Kräfte der Luft, die lau und milde den Frost bezwangen. Wir rufen Euch und laden Euch ein zu unserem Fest!

3. Süden: Heil Sudri, Wächter des Südens! Heil, Kräfte des Feuers, das mit seiner Kraft Licht und Wärme bringt. Wir rufen Euch und laden Euch ein zu unserem Fest!

4. Westen: Heil Vestri, Wächter des Westens! Heil, Kräfte des Wassers, daß neues Leben hervorbringt. Wir rufen Euch und laden Euch ein zu unserem Fest!

5. Zentrum: Heil, ihr guten Kräfte von Erde, Luft, Feuer und Wasser. Kräfte des göttlichen um uns und in uns, die alles durchdringen. Wir rufen Euch und laden Euch ein zu unserem Fest. Erfüllt uns mit Euren Gaben, mit Weißheit und Stärke und mit dem Segen der Götter, Heya!

 

 

4. Einladung der Mächte/Anrufung der 12 Häuser der Götter (Heilazzen):

Heil Asen, Heil Asinnen und allen hochheiligen Göttern. Heil den Vanen und Disen, Heil den Ahnen. Heil den Kindern und allen die kommen mögen!

Ich rufe nach Bilskirnir, wo Donar seinen Palast bewohnt.

Ich rufe nach Eibental, wo Uller in seinem Palast lebt.

Ich rufe nach Walis Palast, wo Wodan seinen Thron hat.

Ich rufe nach Kleinodheim, dem Palast Sagas, der jungfräulichen Frigg.

Ich rufe nach Frohheim, dem Palast Wodans mit dem Saal Walhalla.

Ich rufe nach Thyrmheim, den Palast den Skadis bewohnt.

Ich rufe nach Breitglanz, Balders Palast, wo jeder Frevel unmöglich ist.

Ich rufe nach Himmelsburg, Heimdalls Palast, der am Fuße der Brücke Bifröst steht.

Ich rufe nach Folkwang, wo Liebesgöttin Freyja ihren Palast bewohnt.

Ich rufe nach Glastheim, Forsetis Palast, hier wird Recht über die Menschen gesprochen.

Ich rufe nach Noatun, Njörds Palast

Ich rufe nach Widi, Widars Palast

Ihr hochheiligen Götter in Euren Häusern ich habe Euch gerufen, nun schaut heute her in diesen Opferwald wo wir Astrid und Ansgar feierlich in unsere Sippe aufnehmen und seit zugegen bei diesem heiligen Fest!

  

 

5. Feuerentzünden (Zunten):

Im Namen der hohen Götter entzünden wir die heilige Flamme der Reinigung und der Schöpfung, das erste Mysterium und die letzte Gnade. Flamme wachse an Flamme, daß Wärme, Licht und Leben sich mehren und nicht verlöschen vor der Zeit. Donar weihe dieses Feuer!

 

 

6. Ansprache: Die Ansprache zur Kindsweihe kann völlig individuell gestaltet werden, es ist aber angemessen, den Gästen für ihr Erscheinen zu danken, ihnen den weiteren Ablauf kurz zu erklären, auf die Bedeutung der Kindsweihe einzugehen, etc. Anschließend folgen Erklärungen zum Kinde selbst.

Während die Mutter das Kind auf dem Arm trägt, treten sie und der Vater in die Mitte des Kreises und der Vater erklärt, daß er das Kind nun feierlich in die Sippe aufnimmt. Dazu passt es gut den Teilnehmern des Festes ein paar Begebenheiten beginnend beim Kinderwunsch, aus der Schwangerschaft, oder weitere Begebenheiten im Zusammenhang mit dem Kind zu berichten. 

Während der Vater diese Rede hält, treten die Paten mit ihren Geschenken ebenfalls in die Mitte des Kreises.

 

 

7. Opferweihe: Donar, segne dieses Horn  und diese Gaben als Symbol des Wurdarborn und nimm es unter Deinen Schutz. Wer beim Trinken Gutes denkt, der bekomme Deine Hilfe. Wer beim Trinken böses denkt, den Treffe Dein Hammer. Wer das Horn entweiht, den treffe Deine Faust. So möge es sein!

Solange man noch nüchtern ist, denkt man oft noch das Schlechte, nachdem man Met getrunken hat, erkennt man schon das Rechte.Ihr Götter der Asen und Wanen, gebt nun Euren Segen in unseren Met, so wollen wir ehren die Ahnen und das Ihr uns Feiern seht.

 

 

8. Anrufung der Nornen/Opfer: Im germanischen Glauben sind für das Schicksal eines Menschen weniger die eigentlichen Götter, sondern vor allem die drei Nornen verantwortlich. Diese befinden sich am Urdbrunnen, wo sie die Fäden des Schicksals der Menschen und Götter ineinander verweben. Ob jemand ein langes, glückliches und erfülltes Leben haben wird, oder ob ihm persönliches Glück verwehrt bleibt, bestimmen die drei Norden Urd, Skuld und Verdandi. Obwohl auch sie gewissen Gesetzmäßigkeiten unterliegen und nicht in jeder Hinsicht frei walten können, so macht es insbesondere im  Rahmen einer Kindsweihe Sinn, ihnen zu opfern, um dem jungen Menschen ein gutes Schicksal zu ermöglichen. Folgende Anrufung der Nornen ist denkbar, kann aber beliebig durch eigene Varianten ersetzt werden:

Heil Euch, Urd, Verdandi und Skuld ihr edlen Frauen, die am Urdbrunnen sitzen und für Menschen und Götter die Fäden des Schicksals weben. Wurdarborn ruft Euch und bittet um Eure Anwesenheit zur Kindsweihe unseres Alwin.

Das Schicksal dieses jungen Midgardbewohners liegt fortan in Euren Händen. Wir bitten Euch, ihm in seinem Leben nicht nur Prüfungen aufzuerlegen, sondern ihn den Faden des Glücks, den er schon so früh in seinem Leben gefunden hat,  niemals aus der Hand zu verlieren.

Lasst sein herzerfrischendes Lachen und seine Lebenskraft niemals erlöschen und nehmt dafür von uns folgende Opfergaben an.

Urd, Verdandi und Skuld, ihr weisen Frauen des Schicksals wir danken Euch.

 

 

9. Wasserweihe/Namensgebung: Der Vater besprenkelt mit einem Tannenstrauch, oder Lebensbaum, das Kind mit Wasser aus einer heiligen Quelle. Dabei erklärt er den Namen des Kindes und das er das Kind in die Sippe aufnimmt und zusammen mit der Mutter für das Kind sorgen wird. Im Anschluß wird die Namensrune des Kindes als Runengesang vorgetragen. Dabei können zur Unterstützung natürlich auch Instrumente zum Einsatz kommen.

Vater: So nehmen wir Euch auf und begrüßen Euch in unserer Mitte, auf der heiligen Mutter Erde und im Kreis aller Wesen, die ihre Kinder sind. Ich weihe Dich mit dem Wasser des Lebens, der göttlichen Kraft des Wachstums und der Fruchtbarkeit und gebe Dir den Namen ...

Der Vater erklärt nun die Bedeutung des/der Namen und warum er ihm dem Kind gibt. Dann spricht er:

Sei willkommen in unserer Sippe, bei Deinem Vater und Deiner Mutter, Deinem Bruder und Deiner Schwester und allen Verwandten. Wir sind ein Fleisch und Blut und werden immer zu Dir stehen, Dich lieben und für Dich sorgen, solange wir leben. In Euch werden wir für immer zusammen sein und weiterleben, auch wenn wir eines Tages sterben. Sie werden die Flamme des Lebens unserer Sippe in die Zukunft tragen.

 

 

10. Singen der Namensrune (Runargaldar):

 

 

11. Benennung der Paten: Der Gode bittet die Paten des Kindes zu ihm und dem Kind hervorzutreten und nennt die Paten beim Namen und fragt sie, ob sie die genannten Personen sind. Der Pate erklärt anschließend mit eigenen Worten, warum er sein Amt übernommen hat und antreten wird und was das Kind von ihm erwarten kann. Er leistet in Anwesenheit des Goden, der Eltern und des Kindes einen Eid, diese Versprechen einzuhalten. Anschließend übergeben die Paten dem Kind, bzw. stellvertretend den Eltern, ihre Geschenke an das Kind.

Das Geschenk des Paten ist im Grunde von diesen frei wählbar, macht aber am meisten Sinn, wenn es sich um ein Geschenk handelt, das die Patenschaft, oder ihre wichtigsten Aspekte symbolisiert. Geeignet sein können im Rahmen von Asatru z.B. Runenanhänger. Die Rune Ehwaz steht beispielsweise für Partnerschaft und so ein Symbol für die Patenschaft sein. Eine Algiz Rune als Lebens- und Schutzrune kann als Symbol für diese Aspekte der Patenschaft ebenso geeignet sein. Dies sind aber nur Vorschläge, die jeder durch eigene Ideen austauschen kann.

Die Aufgabe und der Sinn von Paten ist es nicht nur, die Eltern zu vertreten, falls diese ihre Aufgaben mit dem Kind teilweise oder gänzlich nicht wahrnehmen können, sondern auch bei den Lebenskreisfesten, die das Kind im Laufe der Zeit erfährt, als Zeugen anwesend zu sein.

 

 

12. Vergraben der Nachgeburt/Baum pflanzen: Zur Kindsweihe gehört es auch, bis dahin die Nachgeburt der Mutter aufzubewahren (am besten im Gefrierschrank) und sie während der Feier an einer geeigneten Stelle auf dem Ritualplatz zu vergraben. Direkt auf die Nachgeburt pflanzt man ein junges Bäumchen, das als Symbol des Lebensbaumes und des neuen Erdbewohners dient. Sobald das Kind etwas älter ist, kann es jederzeit seinen Baum aufsuchen und wird sich so immer seiner Heimat und seiner Wurzeln gewahr. Bei Sorgen und Nöten kann sein Baum natürlich auch als Freund und Ansprechpartner da sein. Für was für eine Baumart man sich entscheidet bleibt natürlich jeden Eltern selbst überlassen. Wir haben uns für eine Eibe entschieden, da diese ebenso wie die Esche als Weltenbaum angesehen wird und mit einer möglichen Lebensspanne von über 1000 Jahren lange Bestand haben kann.

 

 

-dreifaches Hornsignal-

 

13. Ausleitung (Uzlaz):

Der hohen Lied ist gesungen in der Hohen Halle. Der Ring ist gelöst, die Gemeinschaft besteht. Gehe wer da gehen mag, bleibe wer da bleiben mag und folge, wer da folgen mag. Heil sollt ihr fahren, heil sollt ihr wiederkehren, heil sollt ihr bleiben alle Zeit!

 

 

 

 

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Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am: 24.06.2010