GLAUBENSRICHTUNGEN

 

Von Felix Walz:

 

I) Völkisch-Esoterische Richtungen
Entstanden im 19ten Jahrhundert und versuchten spirituelle und philosophische Konzepte der damaligen Zeit mit germanischen Überlieferungen in Einklang zu bringen

*1) Der "Germanischer Glaube" ist eine mystisch-pantheistische Interpretation der germanischen Religion, die auf den Begründer der alten GGG zurückgeht (Ludwig Fahrenkrog) und in ihrer Grundlage auf die Deutsche Mystik zurückgreift. Im Mittelpunkt steht der Mensch und seine Selbsterlösung im Licht des Göttlichen.

2) Die "Ariosophie" ist eine auf Guido von List zurückgehende pseudo-germanische, rassistische Weiterentwicklung der Theosophie, die die "Arier" zu magisch begabten Vorfahren der Germanen stilisiert, und eine eigene Mythologie sowie eigene Gotteslehren und Runen-Systeme entwickelt hat.

3) Der "Artglaube" ist die Verbindung der beiden oberen Strömungen, leider immer noch vor allem bei den Rechtsradikalen in Norddeutschland präsent.
Der Artglaube macht es zur Bedingung germanische Vorfahren zu haben, um zum Artgläubigen werden zu können. Nach Auffassung mancher Artgläubiger liegt der Glaube eines Menschen in seinen Genen begründet; wer nicht eine bestimmte Anzahl an Generationen mit überwiegend germanischen Vorfahren nachweisen kann, wird als Artgläubiger nicht anerkannt. Ebenso gehen manche Artgläubige auch von einer Höherwertigkeit einer angeblichen nordisch-germanischen Menschenart aus.
(Eigener Kommentar: Bei solchen Auffassungen ist es bis zum Rassenwahn nicht mehr weit. Eine deutliche Abgrenzung zum Artglauben halte ich Aufgrund seiner rassistischen Grundlagen für unbedingt erforderlich.)



II. Rekonstruktionistische Richtungen
Kamen eher im 20. Jahrhundert auf und versuchen, aufgrund von Quellenstudium und wissenschaftlichen Theorien die alte germanische Religion fortzuführen, allerdings auch angemessen in die heutige Zeit zu übertragen.
Der Rekonstruktionismus bzw das rekonstruktionistische Heidentum beginnt hauptsächlich Anfang der Neunziger mit Vereinen wie VfGH/ORD oder Rabenclan, indem dort ein starker Akzent auf die Erforschung der alten, vorchristlichen Religion gelegt wird und in Abgrenzung zum Neugermanentum eher auf den alten Germanen (oder auch Kelten) aufgebaut wird. Auch die neue GGG ging bereits in diese Richtung, weswegen Geza von Nemenyi als eigentlicher Vorreiter des Rekonstruktionismus betrachtet werden kann, auch wenn sich spätere rekonstruktionistische Vertreter von den neugermanischen Wurzeln und Grundlagen seiner Praxis distanzierten. Der Eldaring und der Celtoi-Verein wären hier spätere Beispiele.

Man kann den Rekonstruktionismus in Deutschland in 3 Richtungen gliedern: An der Schwelle zum Neugermanentum das Altheidentum, sowie nur schwer abzugrenzen Recon und Firne (Alte) Sitte.



1) Altheidentum:
Das "Altheidentum" geht auf die Auslegungen des mittelalterlichen Gelehrten Snorri Sturluson (der Verfasser der Prosa-Edda) zurück und wurde in Deutschland durch Geza von Nemenyi weiterentwickelt und etabliert.
Die älteste Organisation der deutschen Altheiden nennt sich Germanische Glaubens-Gemeinschaft (GGG) und geht zurück auf einen gleichnamigen Verein, der 1908 durch Ludwig Fahrenkrog gegründet wurde.
Die GGG hat den Grundstein für die Entwicklung des Altheidentums gelegt. Der Begriff wurde von Geza eingeführt, um sich von den später entstandenen "neuheidnischen" Gruppen abzugrenzen. Das Altheidentum der späten GGG (seit 1991) baut im Wesentlichen auf dem oben genannten „Neugermanentum“ auf, hat jedoch auch bereits viele rekonstruktionistische Ansätze, wobei es strukturell eher der katholischen Religion ähnelt (in ihrem Verständnis von Priesterschaft, Gottes- und Mythenverständnis, Buchreligiösität und Erlösungsglaube). Wert gelegt wird vor allem auf ein eingehendes Schriftenstudium und starke Moral- und Gesetzestreue.

Darüber hinaus stellt sich das Altheidentum als sehr konservatiw und wertetreu dar, so wird z.B. Homosexualität toleriert, aber dennoch als abnormales, arges Verhalten angesehen. Für Altheiden ist die Verwendung von Götternamen als Nickname in Foren, oder als Name für die eigenen Nachkommen eine Beleidigung der Götter, da Menschen an diese nicht heranreichen können und sie durch die Verwendung ihrer Namen abwerten.

Eigener Kommentar: Die Mitglieder des Altheidentums verstehen sich als wahre Vertreter des germanischen Glaubens und bezeichnen andere heidnisch-germanische Strömungen als Neuheidentum, daß den germanischen Glauben verfälscht und falsch praktiziert.
Gerade die zuletzt genannten Punkte führen dazu, das die Altheiden (insbesondere die GGG) von anderen Vereinen und Gruppen abgelehnt werden. Im Laufe der Jahre haben sich die Fronten zwischen Altheiden und Neuheiden sehr verhärtet, so daß eine große Zahl von Gemeinsamkeiten von beiden Seiten übersehen wird. Dem Altheidentum zugute halten möchte ich, das der germanische Glaube hier um einige Jahre länger praktiziert wird, als in anderen Vereinen und Gruppierungen und man daher auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann und ein erstaunliches Maß an fundiertem Wissen über das religiöse Leben unserer Ahnen angesammelt hat.


*2) Firne Sitte:
Die weltweit verbreiteste Form von Rekonstruktionismus ist die Firne Sitte (Firni Situ) oder Alte Sitte, die im Wesentlichen in den Grundlagen übereinstimmt sich allerdings stärker auf die Sagen und Bräuche der heutigen Zeit und die lokalen Stammestraditionen bezieht und auch mehr auf den äußerlichen Rahmen der Religion ausgerichtet.

"Firne Sitte" ist ein Begriff der zur Zeit der Christianisierung verwendet wurde um die alte Religion gegenüber dem Christentum zu bezeichnen. Anhänger dieser Sitte knüpfen direkt an die damit zusammenhängenden Überlieferungen der Mythen, Sitten und Rituale der volkstümlichen religiösen Praxis an, allerdings ohne die Entwicklungen die in den folgenden Jahrhunderten passiert sind zu ignorieren.
Vereinstechnisch wird diese Richtung primär durch den Firner Situ (Schweiz) sowie den Firner Weg (Deutschland) repräsentiert. Auch die meisten Vereine im Ausland (darunter die Ásatrúarfélagið in Island oder der Forn Sed Sverige) sind Vertreter dieser Richtung.

3) Vom "Recon" unterscheidet sie sich daher insofern, da dieses sich vor allem auf Erkenntnisse der Archäologie und der Historiker stützt, um die Traditionen einer bestimmten Epoche (z.B. Vorchristentum, Antike) wiederherzustellen.
Beide Strömungen sind im Gegensatz zu allen oben genannten meistens regionalistisch, das heißt dass sie primär auf die Sitten einzelner Stämme oder Völker Bezug nehmen - zwischen Recon/Firne Sitte, wie es z.B. in Bayern betrieben wird, bestehen daher Unterschiede zu Dänemark, usw.
Da sich „Firne Sitte“ begrifflich auch als Zusammenfassung dieser Stammestraditionen versteht, hat sie sich neben „Asatru“ und „Odinismus“ zu einem Synonym für germanisches Heidentum etabliert – im Vergleich zu den beiden anderen Begriffen, die zwar eine deutliche Mehrheit, ansonsten aber nur späte und spezielle Aspekte ausdrücken, insofern eindeutig berechtigt.


III. Glaubensrichtungen

Dann gibt es noch Unterschiede welcher Gott als Oberhaupt oder Essenz des Göttlichen betrachtet wird (Odin, Tiwaz, Frija), auf welche Wesenheiten man sich fokussiert (Asatru, Vanatru, Folketro, Rökkatru) oder wie man den Platz des Glaubens in der Welt sieht (völkisch, universalistisch).

*1) Der Odinismus oder Wotanismus wäre eine nahezu monotheistische Form des Heidentums, die ihre Wurzeln ebenfalls in dieser Zeit hat und wahrscheinlich analog zum Christentum gebildet wurde. Hier wird Odin als allein bedeutsamer Gott bzw höchstes Weltprinzip verstanden. Später wurde dieser Begriff auch (wie vieles andere) als Überbegriff für das Heidentum allgemein genommen.

2) Eine als Tiwazismus (da auf der Urvorstellung von Ziu bzw Tyr basierende) bezeichnete Richtung kann als Gegenstück dazu ausmachen, die neben einigen Hochburgen im heuten Süd- und Mitteldeutschland aber nur sporadisch verbreitet ist und vor allem im familiären Umfeld Fahrenkrogs philosophisch weiterentwickelt wurde.

3) Der Kult der Großen Göttin (Frijaismus)

*4) Asatru:
5) Wanatru:
6) Lokitru:
7) Thursatru/Rökkatru:

Unterschieden wird zudem gerne zwischen "völkischem", "ethnischem" und "universalistischem" Heidentum.

Eigener Kommentar: Das war früher offenbar ziemlich bedeutend, würde ich aber vergessen. Mal abgesehen davon, dass danach zumindest in Deutschland heute kein Hahn mehr kräht, ist allein die Unterscheidung in meinen Augen überflüssig. Siehe dazu hier: germanisches Heidentum
Zumal diese Konzepte auch wenig bis gar keine Bedeutung für die konkreten Inhalte haben, abgesehen davon, für wen diese Religion ist und für wen nicht.

8) Universalistisch: Bei der universalistischen Auffassung von Asatru spielt es keine Rolle, ob der Gläubige im germanischen Kulturkreis aufgewachsen ist und ob er germanische Vorfahren hat. Nach der universalistischen Ansicht kann jeder Mensch zum Asatruar werden, der die Werte dieses Glaubens annimmt, an die Götter der Asen und Wanen glaubt und diesen Glauben lebt. Sowohl der Begriff des universalistischen, als auch des völkischen Asatru wurde erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, zumeist in den USA gebildet und ist über den "Teich" geschwappt. Alsbald entbrannten in Foren und Vereinen lange Diskussionen, Grabenkämpfe und Selbstpositionierungsversuche zwischen den beiden Begriffen und Ausrichtungen. Dem universalistischen Asatru wurde dabei nicht selten vorgeworfen die historischen Wurzeln des Glaubens zu verwischen.
 
9) Völkisch: Hier wird davon ausgegangen, daß nur Derjenige zum richtigen Asatruar werden und den Glauben in seiner ganzen Tiefe erfahren kann, der im germanischen Sprach- und Kulturgebiet aufgewachsen und verwurzelt ist. Diesen Gedanken kennt man nicht nur aus dem germanischen Heidentum, sondern auch aus anderen Religionen. Man kann den völkischen Ansatz mit einer Äußerung des Dalai Lama vergleichen, der bezweifelte, das Menschen aus dem westlichen Kulturkreis jemals echte Buddhisten sein können, da sie nicht in dessen jahrtausendealten Kulturkreis aufgewachsen sind.
Bei der völkischen Glaubensrichtung geht es zunächst um eine echte Verwurzelung mit einem Lebensraum, seiner Kultur und dem daraus entstandenen Glauben. Leider ist es oft schwierig zwischen der völkischen Auffassung und dem Artglauben zu unterscheiden, da es zwischen beiden Ausrichtungen eine nicht unerhebliche Schnittmenge gibt.
 
10) Stammes Asatru (Tribalist): Der Begriff des Tribalist Asatru stammt aus den USA und ist eine noch recht junge Auslegung des Glaubens. Sie bezieht für den Gläubigen nicht nur die religiösen und mythologischen Aspekte des germanisch-nordischen Glaubens mit ein, sondern auch aus der Zeit der alten Germanen überlieferte kulturelle Inhalte. Asatru wird hier nicht nur als Glaube, sondern auch als Lebensweise verstanden. Entsprechend der historischen Vorgaben, handelt es sich um eine möglichst naturverbundene und nachhaltige Lebensweise. Von ethnischen Ansprüchen, wie es beim Artglaube und bei manchen völkischen Asatruar der Fall ist, distanziert sich das Stammes Asatru deutlich.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am: 17.09.2015